Evangelische Räte

Evangelische Räte
   gehen auf eine Eigenart der Verkündigung Jesu zurück, sich mit bloßer Gesinnung nicht zufrieden zu geben u.Menschen nicht mit Geboten u. Leistungsdruck zu überfordern, sondern den Anspruch Gottes im Hinblick auf die Geltung seiner Herrschaft u. auf die Nachfolge Jesu an Beispielen zu konkretisieren. In ”Räten“ oder Empfehlungen des Evangeliums wird das entscheidende Doppelgebot der Gottes- und Menschenliebe auf verschiedene Lebenssituationen hin formuliert oder konkretisiert. Die kirchliche Tradition hat solche ”Räte“ sehr selektiv wahrgenommen, z. B. die höchst eindrücklichen Räte zum Gewaltverzicht oder zur Absage an hierarchische Herrschaft ”ausgeblendet“ u. statt dessen die Lehre von drei ”klassischen“ E. R. herausgebildet: Armut, Ehelosigkeit u. Gehorsam. Die Armut nimmt in der Verkündigung Jesu insofern den ersten Rang ein, als er nachdrücklich auf die den Menschen in seinem Selbstverständnis u. in seiner mitmenschlichen Solidarität bedrohenden Gefahren von Besitz u. Reichtum hinwies. Die Ehelosigkeit ist im Zusammenhang mit der Naherwartung Jesu, die das Ende aller menschlichen Institutionen voraussah, ein ”Rat“. Gehorsam ist bei Jesus nur als Gehorsam gegenüber Gott von Bedeutung. Die Unterscheidung von Geboten Gottes mit Geltung für alle (Getauften) u. Räten für diejenigen, die nach größerer Vollkommenheit streben, ist erstmals bei Ambrosius († 397) bezeugt. Vom 12. Jh. an werden die drei klassischen E. R. zum Gegenstand der Gelübde beim Eintritt in ein Ordensleben, mit Geltung im kath. Kirchenrecht bis heute. Die Kritik an den drei klassischen E. R. weist darauf hin, wie wenig bei ihnen die breiten Möglichkeiten immer größerer Liebe Raum erhalten u. wie sehr sie einen Vollkommenheits- u. Standesdünkel fördern. Die Befürworter der Dreiheit der E. R. beschädigen die Konzeption der ”Räte“ durch Übertreibungen, wenn sie sie als zum Wesenskern der christlichen Identität gehörig erklären, die ökologische u. gesellschaftliche Zukunft derMenschheit an den Geist dieser Räte binden u. das Leben nach genau diesen Räten als ”freiheitsstiftende Provokation“ ausgeben.

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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